Autsch! Ich bin in die Falle getappt. In meine eigene Bewertungsfalle. „Dreh dich in deinen Tanz und bewerte nichts und niemanden!“. An manchen Tagen rinnt dieses mir selbst auferlegte Motto dahin wie warme Butter. Dann gelingt es mir, in meiner heimeligen Innenwelt anzukommen und meine Empfindungen und körperlichen Reaktionen ausschließlich wahrzunehmen. Friedvoll und kuschelig ist´s dann in mir.
Meine besagte Bewertungsfalle passierte kürzlich. Während dem Drehen tauchte ich in meiner mentalen und emotionalen Spirale abwärts. Ich hatte Lust auf ein körperliches Dreh-Erlebnis mit drei Röcken und schnallte mir damit rund 10 Kilo Gewicht um die Taille. Während ich mich voll und ganz auf meinen Körper und das Verhalten der Röcke mit den Wirbelkräften konzentrierte, bemerkte ich, dass meine rechte Schulter aus der Achse war. Selbst meine körperlichen Korrekturen änderten nichts. So war´s schon um mich geschehen. Gemeinsam mit meiner Schulter verkrampfte sich auch meine Gedanken- und Gefühlswelt und meine ansonsten so friedliche Innenwelt wurde düster. Mit Gedanken wie „meine Bauchmuskulatur ist zu schwach… ich bin zu schwach… ich kann nicht mal mit 3 Röcken drehen…“ kippte meine Stimmung. Wutentbrannt entledigte ich mich der drei Röcke.
Nichts und niemanden bewerten… Geht das überhaupt? Und wozu soll das gut sein?
Wir Menschen bewerten ständig. Unbewusst. Leider. Es sei denn, der goldene Siegerpokal für den „besten erleuchteten Achtsamkeits-Guru“ thront schon vom Wohnzimmer-Podest. Aber: Das ständige Bewerten macht uns unfrei und wir limitieren uns damit selbst. Denn dort, wo Gedanken sind, gehen auch Emotionen und Handlungen einher. Positive Gedanken und Bewertungen lenken uns in eine Richtung, negative in eine andere. So haben wir immer die Wahlmöglichkeit, etwas positiv, negativ oder eben gar nicht zu bewerten. Meine Erfahrung zeigt mir, dass wir nur mit letzterer Wahl wirklich frei sind.
Wenn wir beim Tanzen bewerten, z.B. die Musik, die anderen Teilnehmer*innen, den Tanzboden, unsere eigenen Fähigkeiten usw. besteht immer die Gefahr, dass es gut oder schlecht wird. Eine Bewertung unserer selbst oder anderer könnte auch verhindern, mit anderen in Kontakt zu kommen. Wenn wir vorschnell bewerten, interpretieren und unsere Gefühle in eine Richtung lenken, hindern wir uns selbst am eigenen Fortschritt.
So auch beim Drehen. Immer dann, wenn wir bewertungsfrei und ohne Erwartungen in unseren Tanz drehen, dabei unsere Grenzen überschreiten, entsteht Neues und Ungeahntes.
Mein Dreh-Erlebnis mit den drei Röcken hätte auch anders ausgehen können. Ich hätte mit einem neugierigen Forschergeist in der Beobachtung verweilen und mir sagen können: „Ach interessant, das Gewicht der drei Röcke strengt meine Schulter an.“. Aber naja, ich bin schließlich kein erhellter Wunderwuzzi und sehe es gelassen. Ich habe mir wenigstens dank Entledigung meines Zehn-Kilo-Gespanns einen Muskelkater erspart. 😉
Hast du auch Lust auf ein Selbsterfahrungsexperiment und einen Blick hinter deine eigenen Grenzen zu werfen?